"Woast as no, damois?"

Veröffentlicht am 19.06.2017 in Wahlkreis

Neue Sonderausstellung "Kindheit in Vilsbiburg" im Heimatmuseum eröffnet

Vilsbiburg. Diese 49. Sonderausstellung im Heimatmuseum, die am Samstag offiziell eröffnet wurde, ist aus mehreren Gründen eine besondere Ausstellung. Denn das Thema „Kindheit in Vilsbiburg“ ist eine der wenigen Ausstellungen zu einem weichen gesellschaftlichen Thema, das nur am Rande mit der regionalen Wirtschaft oder der Politik zu tun hat. Die aber noch wesentlichere Besonderheit aber ist: Es ist die letzte Sonderausstellung unter der Leitung von Museumschef Lambert Grasmann.

 

Wie sehr die Kindheit das spätere Leben eines Menschen prägen kann, davon erzählen unzählige Romane und Filmgeschichten. Der Vorsitzende des Heimatvereins, Peter Barteit, fasste diesen Aspekt so zusammen, dass die trendigsten Klamotten, das schönste Computerspiel oder das neueste Schlautelefon höchst unwichtig seien „gegenüber dem Geborgensein in der Heimat, der Zuneigung von vertrauten Menschen, dem Dazugehören zu einer Gemeinschaft und auch der Erfahrung, zur rechten Zeit die eigenen Grenzen aufgezeigt zu bekommen“. „Kinder die man nicht liebt, werden Erwachsene, die nicht lieben“, zitierte Barteit die Schriftstellerin Pearl S. Buck. Die neue Ausstellung im Heimatmuseum zeigt Aspekte einer glücklichen Kindheit, die dazu angetan ist, nostalgisch in Erinnerungen zu schwelgen. Die Vitrinen sind voller Spielsachen, Brettspielen, Bücher und Andenken an Zeiten, in denen alles ein wenig unkomplizierter und gemütlicher schien. Es sei eine Ausstellung, so Barteit, „durch die man mit alten Schulfreunden streift und immer wieder zu hören bekommt: ,Woast as no, damois‘“. Viele Aspekte der Ausstellung habe man nur anreißen können, sagte Museumsleiter Lambert Grasmannn, weil weder der Platz noch die Vorbereitungszeit gereicht hätten, stärker in die Tiefe zu gehen. Und das Thema Schule habe man bewusst klein belassen, „weil um uns herum gerade viele eigene Schulmuseen aus dem Boden schießen“. Sehr schön zeigt die Ausstellung aber, wie sowohl religiöse Themen, die spielerische Beschäftigung mit „erwachsenen“ Themen wie Technik oder Krieg, aber auch Unterhaltung und Literatur sich im Lauf der Zeit verändert haben. Nicht ausgespart sind die Klassiker: Puppen – von Babys in Lebendgröße bis hin zur unverwüstlichen Barbie, Kuscheltiere und Teddys, Kasperltheater und Mensch-ärgere-Dich-nicht. Sehr deutlich erkennt man die Mitwirkung von Barbara Wimmer an der Konzeption und der Ausstattung: „Aus ihrer Sammlung hätte man allein eine Sonderausstellung machen können“ sagte Grasmann, der von den montäglichen Sitzungen erzählte, während derer Wimmer und er über Wochen hinweg die Ausstellungskonzeption ausgetüftelt hatten.
Entwicklung der Kindheit

Den theoretischen Überbau zu der Ausstellung lieferte Alexandra Priller, die Rektorin der Grundschule Vilsbiburg. Sie unternahm mit „Maxl und Mariechen“ eine Reise durch die Geschichte – vom Mittelalter bis zur Jetztzeit, in der die beiden vermutlich eher „Maxim und Lisa-Marie“ heißen würden. Dabei erfuhren die Zuhörer, dass im Mittelalter die Kindheit als eigener Lebensabschnitt unbekannt war, sie als Übergangszeit zum Erwachsensein gesehen wurde. Sobald sie einigermaßen sicher auf den Beinen waren, nahmen Kinder am Arbeitsleben der Erwachsenen teil, hüteten Gänse, Schafe und Ziegen, erledigten Botengänge oder halfen im Haushalt. Schulbildung gab es nur für adelige Kinder, der Unterricht war Priestern und Mönchen vorbehalten. Erst mit der Reformationsbewegung, die einherging mit der Erfindung der Drucktechnik, wurde vor 500 Jahren die Forderung laut, das ganze Volk zu alphabetisieren. Priller ging auch auf die Heiratspolitik der damaligen Zeit ein und berichtete, dass Mädchen, die auf dem Heiratsmarkt nicht untergekommen sind, oft in Klöster gesteckt wurden. Ganz am Rande der Gesellschaft standen uneheliche Kinder („Kegel“), Waisen und Behinderte; viele wurden getötet, die anderen schlugen sich mit Betteln durchs Leben, junge Mädchen versuchten sich als Dirnen. Mit dem aufkommenden Bürgertum entwickelte sich die Kindheit mehr zum Schonraum, die ersten pädagogischen Ansätze wurden veröffentlicht. Die allgemeine Schulpflicht gab es zwar in einigen fortschrittlichen Fürstentümern schon ab dem 17. Jahrhundert, für für Mädchen und Knaben in ganz Deutschland kam sie aber erst mit der Weimarer Verfassung 1919. Priller ging auch kurz auf das bildungspolitische Wirken des bayerischen Staatsreformers Maximilian Graf von Montgelas zu Beginn des 19. Jahrhunderts ein. Aber noch immer war der Zugang von Kindern aus Familien unterhalb des gehobenen Bürgertums zur Bildung schwierig, ihre Arbeitskraft für die Familien unverzichtbar. Zuletzt ging Priller ansatzweise auf die Entwicklung der Pädagogik im 20. Jahrhundert ein, auf die Entstehung der Unesco und sprach noch kurz die Herausforderungen an, die Konsumorientierung und moderne Kommunikationstechnologien heute mit sich bringen. Lob für das ehrenamtliche Museumsteam, das für März 2018 einen Generationswechsel angekündigt hat, und Dank für die jahrzehntelange Erforschung der Heimatgeschichte gab es von der Landtagsabgeordneten Ruth Müller, vom stellvertretenden Landrat Rudolf Lehner und von Zweitem Bürgermeister Hans Sarcher. Letzterer berichtete den Zuhörern, dass das Heimatmuseum Vilsbiburg Ende des Monats mit dem Bayerischen Museumspreis in der Kategorie „Museum mit ehrenamtlicher Leitung“ ausgezeichnet wird. Es gebe nicht viele Museen in Bayern, die mit so einer hohen Auszeichnung werben könnten. An Grasmann gewandt sagte er: „Darauf können Sie stolz sein.“
Heimatmuseum erhält Bayerischen Museumspreis

Sarcher ging auch kurz darauf ein, dass die Stadt Vilsbiburg gerade dabei ist, einen hauptamtlichen Museumsleiter zu finden, der zum Jahreswechsel die Nachfolge von Lambert Grasmann antreten wird. Das Museum solle künftig noch mehr als Lernort für die regionale Geschichte entwickelt werden. Passend zum Ausstellungsthema sang der Kinderchor aus Dietelskirchen unter der Leitung von Renate Jahn und Birgit Finsterer alte Kinderlieder: „Der Kuckuck und der Esel“, „Drunt in der greana Au“ oder „Sepp, Depp, Hehnadreck“. Die Kinder überstanden die gut zweistündige Eröffnung mit bemerkenswerter Geduld.

Text: Georg Soller, Landshuter Zeitung

 

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