Männer und Frauen sind gleichberechtigt

Veröffentlicht am 08.09.2018 in Gleichstellung

Podiumsdiskussion mit vier Politikerinnen zur Semestereröffnung der Volkshochschule

Vilsbiburg. Einen neuen Weg der Semestereröffnung hat die Volkshochschule am Donnerstagabend eingeschlagen. Zum Thema „100 Jahre Freistaat Bayern, 100 Jahre Frauenwahlrecht, 100 Jahre Gleichberechtigung ?“ diskutierten vier Politikerinnen aus verschiedenen politischen Ebenen darüber, wie sich das Frauenbild in der Gesellschaft verändert hat und welche praktischen Auswirkungen dies auf den Alltag hatte. Die Diskussion im städtischen Veranstaltungssaal in der Vhs wurde von VZ-Redakteur Siegfried Rüdenauer moderiert.


Die politische Bildung war seit der Gründung der bayerischen Volkshochschulen in den Nachkriegsjahren ein wichtiger Themenbereich, der allerdings in den zurückliegenden Jahren nicht immer die nötige Aufmerksamkeit fand. Wie Vhs-Vorsitzender Hans Sarcher in seiner Begrüßung ankündigte, will man diesem Punkt in Vilsbiburg wieder mehr Gewicht geben und dabei auch mit politischen Stiftungen zusammenarbeiten. Dass die im Grundgesetz festgeschriebene Gleichberechtigung trotz vieler Fortschritte noch nicht zur allgemeinen Zufriedenheit erreicht worden ist, war allen klar. „Wir sind mitten drin“ sagte etwa die FDP-Bundestagsabgeordnete Nicole Bauer auf die Frage: „Was wurde bisher erreicht, was ist noch zu tun ?“ Und die SPD-Landtagsabgeordnete Ruth Müller meinte auf die Frage, ob sie Feministin sei: „Ich werde von Jahr zu Jahr mehr dazu, wenn ich sehe, wie viele Ungerechtigkeiten es immer noch gibt.“

Gleichwohl zeigten schon die Biografien der vier Politikerinnen, dass das Thema Geschlechtergerechtigkeit und politische Teilhabe von so vielen auch alltäglichen Faktoren beeinflusst wird, dass es weder in einer 90-minütigen Diskussion abgehandelt, noch in einem Gesetzespaket gelöst werden kann. Nicole Bauer, die Jüngste in der Runde, arbeitete vor ihrem Einzug in den Bundestag als Diplom-Wirtschaftsingenieurin im Fach Elektrotechnik in einer eher männlich geprägten Berufswelt. Heute ist sie die frauenpolitische Sprecherin der FDP-Bundestagsfraktion. Ruth Müller kam über die Umweltpolitik und die Atomkraft-Debatte in die Politik und schaffte als engagierte SPD-Kommunalpolitikerin 2013 den Sprung in den Landtag, wo auch sie frauenpolitische Sprecherin der SPD-Landtagsfraktion ist. Wesentlich konkreter erlebte die Wurmshamer Bürgermeisterin Maria Neudecker die Notwendigkeit, politisch aktiv zu werden: „Ich hatte kleine Kinder, als das russische Atomkraftwerk Tschernobyl explodiert ist.“ Nach den unterschiedlichen politischen Reaktionen darauf war für sie klar, dass sie nur bei den Grünen mitarbeiten wollte. Katharina Rottenwallner schließlich wechselte „durch Zufall“ in die Politik: Sie hatte 30 Jahre erfolgreich in der Kommunalverwaltung gearbeitet, so dass man sie schließlich fragte, ob sie als Bürgermeisterin kandidieren wolle. Die CSU-Politikerin war die Geerdetste auf dem Podium: „Feministin war ich nie. Ich bin bei diesem Thema sehr gelassen.“
 

Viele Hürden abgebaut

Müller und Rottenwallner beschrieben anschaulich, warum auch sie der Ansicht sind, dass mehr Frauen in die aktive Politik wechseln müssten: „Wenn der Landkreistag mit dem Finanzminister verhandelt, dann hat die Förderung von Kitas oder Ganztagsschulen nicht so viel Gewicht, weil es in den 71 bayerischen Landkreisen eben nur fünf Landrätinnen gibt.“ Dass hier eine Quotenregelung hilfreich sein könne, zeigten die Grünen, wobei auch bei ihnen die Quote umstritten gewesen sei, wie Stadträtin Gisela Floegel bei einer Publikumsrunde anmerkte. Aber bei den Grünen fallen die Frauen in der öffentlichen Wahrnehmung mehr ins Gewicht. Doch selbst die Quote ist kein Allheilmittel: Auf der CSU-Liste in Altfraunhofen waren 24 Kandidaten, davon acht Frauen, erzählte Rottenwallner: „Aber keine ist gewählt worden.“

Natürlich haben sich die Zeiten deutlich geändert, denn vor nicht allzu langer Zeit mussten Frauen in Deutschland noch massive Einschränkungen hinnehmen: Seit 1918 dürfen Frauen wählen und gewählt werden, seit 1949 gibt es die formale Gleichstellung von Männern und Frauen. Daraus folgte, dass Frauen ohne Erlaubnis des Mannes seit 1958 den Führerschein machen dürfen, seit 1962 ein Konto eröffnen und seit 1977 auch arbeiten – egal, ob das „mit ihren Pflichten in Ehe und Familie vereinbar“ ist. 1980 wurde gesetzlich festgelegt, dass Frauen das gleiche Geld für die gleiche Arbeit bekommen sollen. Faktisch ist das bis heute aber nicht erreicht – die Runde sprach von etwa 24 Prozent Lohnunterschied. Bis 1997 war Vergewaltigung in der Ehe nicht strafbar.
 

Störfaktor Elternzeit

Heute sind junge Frauen gut gebildet, machen oft ein besseres Abitur als ihr männlichen Mitschüler. „Und die Führungspositionen übernehmen dann die Burschen“, klagte Ruth Müller. Warum das so ist, dafür gibt es ganz unterschiedliche Erklärungen: Einerseits erlebe man oft, dass in Elternbeiräten oder sogar bei Klassensprecherwahlen eher Männer als Sprecher gewählt werden. Hinzu kommt, dass Männer offenbar besser vernetzt sind, weil sich Frauen untereinander oft als Konkurrentinnen wahrnehmen. Daraus bilden sich im negativen Fall auch Seilschaften, die sich gegenseitig auf dem Weg zur Spitze helfen. Sibylle Entwistle berichtete dazu von einer Untersuchung für ihre Masterarbeit, dass „jüngere Männer heute anders ticken“ als etwa Männer über 40.

Der gravierendste Unterschied aber ist die Biologie. Es sei nun mal so, dass die Frauen die Kinder zur Welt bringen, sagte Stadträtin Dr. Anna Schreff aus dem Publikum, und zwar oft dann, wenn in der Karriere wichtige Weichenstellungen anstehen. Elternzeit oder gar Teilzeitbeschäftigungen werden in vielen Unternehmen als Störfaktor wahrgenommen. Damit auch Frauen beruflich bessere Chancen haben, bräuchte es mehr Kinderbetreuung und flexiblere Arbeitszeiten. Als die Rede auf fehlende Home-Office-Möglichkeiten kam, sagte Rottenwallner unter Applaus: „Dazu bräuchten wir zuallererst einmal schnelle Datenleitungen.“ Dass es auch anders geht, berichtete Ruth Müller von einer Informationsreise durch Schweden. Dort ist festgelegt, dass sich Mann und Frau die Elternzeit teilen müssen. Rückkehrer würden in der Regel im Beruf höher eingestuft, weil das erfolgreiche Familienmanagement immer eine höhere Qualifizierung mit sich bringe. So sei es auch nicht ungewöhnlich gewesen, dass sie bei Coca Cola Schweden von drei Chefinnen empfangen worden seien.

Rüdenauer, der die Diskussion souverän und fachlich fundiert leitete, richtete am Ende das Wort an den aufmerksam zuhörenden Bürgermeister Helmut Haider: In Vilsbiburg gebe es drei Bürgermeister, und auch die leitenden Positionen im Rathaus seien männlich besetzt. Einzig das Museum werde von einer Frau geleitet. Das habe sich so entwickelt, antwortete Haider, obwohl im Rathaus mehr Frauen als Männer ausgebildet würden: „Wenn wir eine Stelle ausschreiben, wählen wir immer nach der Qualifikation aus: „Bei Frau Janßen waren am Ende noch zwei männliche Mitbewerber im Rennen. Aber sie hat sich durchgesetzt.“

 

Vilsbiburger Zeitung / 08.09.2018 / Georg Soller

 

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